Suche

Nachrichten Ansicht

News

19.04.2020 Kategorie: Corona, Gemeinde Startseite, Gemeindeleben, Kinder und Jugend, KV Wahlen, Schulkinder

#sonntagswort

Von Prädikantin Birgit Eilts

Als Kind habe ich oft geübt, wie es ist, blind zu sein. Ich erinnere mich, wie ich mich an der Hand der Mutter festhielt, neben ihr ging, mit geschlossenen Augen. Ich erinnere mich auch noch sehr gut an die Gefühle der Orientierungslosigkeit, aber auch an die Hand in meiner Hand, den wackeligen Boden, die Zweifel.

Da fühle ich mich Thomas dem Ungläubigen aus dem Johannesevangelium sehr nahe. Thomas voller Zweifel. „Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und lege meinen Finger in die Nägelmale und lege meine Hand in seine Seite, kann ich's nicht glauben.“ Er muss sehen, er muss verstehen, nur Fakten sind brauchbar.

Das verstehe ich! Aber ehrlich, Fakten nehmen mir nicht die Angst und die Sorgen. Angesichts von inzwischen mehr als 4000 Todesfällen in Deutschland frage ich mich, wie wird es sein, wenn ich mich anstecke? Wird es ein leichter Verlauf sein, wie bei 80% der Erkrankten? Werde ich 3-6 Wochen sehr krank sein? Oder werde ich am Ende an einem Beatmungsgerät angeschlossen sein und es vielleicht trotz aller Bemühungen nicht überleben?

Was täte Thomas heute mit seinen Zweifeln? Denn sie sind ja da - und Zweifel sind wie Ameisen in der Hose des Glaubens sagte einmal jemand. Was brauche ich als Perspektive?

Vielleicht ist es Zeit sich zu erinnern. An die Schritte neben mir, die Hand in meiner Hand, den wackeligen Boden. Versuchen, die Richtung zu ahnen, in die wir gehen werden, auch als Kirche. Manchmal blinzeln und mich der vielen Augenblicke vergewissern, dass es das Kreuz gibt, aber auch den Ostermorgen. Dass Gott weitergeht, als ich es oft glauben kann. Von den vielen Momenten, in denen mein Glaube stärker war als alle Zweifel.

Darum werde ich wohl mal anfangen, die Ameisen aus der Hose zu schütteln.

Beitrag von Birgit Eilts