Hinschauen - Helfen - Handeln
Engagement gegen sexualisierte Gewalt
Unter dem Motto Hinschauen - Helfen - Handeln bündeln die Evangelische Kirche und die Diakonie ihre Engagement gegen sexualisierte Gewalt. Es ist ein schweres Thema. Richtige Worte zu finden, ist nicht einfach. Eines aber ist gewiss. Schweigen darf keine Möglichkeit sein.
Wenn Sie selbst betroffen sind von sexualisierter Gewalt, können Sie sich an die Zentrale Anlaufstelle wenden, die sie berät und auf Wunsch an kirchliche und diakonische Ansprechstellen weiter vermitteln, oder aber auch über alternative und unabhängige Beratungsangebote informiert.
Für eine bundesweite Studie zu sexualisierter Gewalt im Verantwortungsbereich der evangelischen Kirche und Diakonie werden Betroffene herzlich eingeladen, im Rahmen von Interviews von ihren Erfahrungen zu berichten.
Die beteiligten Institute sind unabhängig und stehen in keinerlei Verbindung zur evangelischen Kirche oder Diakonie. An der Studie beteiligen sich Betroffene als Co-Forschende und stellen ihre Expertise in allen Forschungsphasen bereit.
Alle erhobenen Daten werden streng vertraulich behandelt. Die Interviews werden gut vorbereitet und von erfahrenen Wissenschaftler*innen in einem geschützten Rahmen durchgeführt.
Interessierte haben jederzeit die Möglichkeit, sich – auch anonym - zu informieren, bevor sie sich zur Teilnahme an einer Studie entschließen.
Informationen finden Sie in diesem Flyer oder unter www.forum-studie.de
.
Unser Landesbischof Dr. Christoph Meyns ist Sprecher des Beauftragtenrates zum Schutz vor sexualisierter Gewalt der EKD. In einem Grußwort führt er uns an das Thema heran.

Worte des Landesbischofs
Liebe Schwestern und Brüder,
seit der Petition von ehemaligen Heimkindern im Bundestag 2009 sowie dem Bekanntwerden der Vorfälle im Canisius-Kolleg, in der Odenwaldschule und in Ahrensburg 2010 nehmen wir als Kirche und Diakonie das Thema „Sexualisierte Gewalt“ sehr ernst. Wir haben uns an den Runden Tischen der Bundesregierung 2011/2012 zu den Themen „Heimkinder“ und „Sexueller Kindesmissbrauch“ beteiligt, mitgearbeitet an den Empfehlungen zu Aufarbeitung und Prävention und sie in unserem Verantwortungsbereich Schritt für Schritt umgesetzt. In Niedersachsen haben sich seitdem rund 100 ehemalige Heimkinder aus den Jahren 1949 bis 1975 im Bereich der Diakonie sowie 30 Menschen gemeldet, die zwischen 1949 und 2002 Opfer sexualisierter Gewalt in Kirchengemeinden geworden sind, davon drei aus dem Bereich unserer Landeskirche. Ihre Fälle waren nicht bekannt, sind seit langem verjährt und oft nur schwer oder gar nicht mehr aufzuklären. Die beschuldigten Pfarrer, Diakone, Kirchenmusiker, Küster, Ärzte, Erzieher, Hausmeister und Ehrenamtliche können strafrechtlich nicht mehr belangt werden oder sind verstorben. Es wurden unabhängige Kommissionen gebildet, die Betroffene anhören und ihnen in Orientierung an zivilgerichtlichen Urteilen finanzielle Leistungen in Anerkennung ihres Leides zusprechen. Hinzu kommen je nach Einzelschicksal bei Bedarf weitere Unterstützungshilfen über unsere Fach- und Ansprechstellen. Das kann das Unrecht, das ihnen widerfahren ist, nicht wieder gut machen, aber es kann ihr Leid lindern und ihnen die Zukunft erleichtern.
Gleichzeitig sind im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit umfangreiche Maßnahmen zur Prävention getroffen worden. Informationen dazu finden sie unter der Internetadresse www.ajab.de/praevention/.
Weitere Schritte sind geplant. Denn Prävention und Aufarbeitung sind ein dauerhafter Prozess der kontinuierlichen Weiterentwicklung. Derzeit werden über den Bereich der Jugenddiakon:innen hinaus alle haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden im Umgang mit sexualisierter Gewalt zusätzlich geschult. Ab dem kommenden Jahr werden Kirchengemeinden und kirchliche Arbeitsfelder neue Schutzkonzepte erarbeiten und umsetzen. Dafür werden wir als Landeskirche die notwendige Ressourcen bereitstellen.
Derzeit bereiten die Landeskirchen Aufarbeitungskommissionen vor, die den Umgang von Führungskräften, Leitungsorganen und kirchlichen Verwaltungsämtern mit den Vorfällen der vergangenen Jahrzehnte untersuchen, wo immer möglich aufklären und darauf aufbauend Empfehlungen zur Weiterentwicklung des kirchlichen Leitungshandeln im Umgang mit sexualisierter Gewalt entwickeln werden. Eine umfangreiche wissenschaftliche Studie vergleicht begleitend dazu alle rund 400 bundesweit bekannten Fälle aus dem Bereich der verfassten Kirche auf der Suche nach den gemeinsamen strukturellen Ursachen.
Auch wenn wir insgesamt deutlich weniger Vorfälle zu verzeichnen haben als die katholische Kirche, ist doch jeder Fall ein Fall zu viel. Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass Machtmissbrauch auch im Bereich der evangelischen Kirche möglich ist und alles tun, um vergangene Fälle aufzuarbeiten und künftige Fälle zu verhindern. Wichtiger als alle praktischen Maßnahmen ist dabei, dass wir alle eine Haltung entwickeln, die das Thema ernst nimmt und einen achtsamen, betroffenensensiblen und professionellen Umgang damit entwickelt. Dafür setze ich mich ein im Bereich der Landeskirche, aber auch als Sprecher des Beauftragtenrates zum Schutz vor sexualisierter Gewalt der EKD.
Ihr
Dr. Landesbischof Dr. Christoph Meyns