Suche

Nachrichten Ansicht

News

11.04.2021 Kategorie: Corona, Glaube im Alltag

#sonntagswort

"Als es aber schon morgen war, stand Jesus da" (Joh. 21,4)

Da stehen sie beieinander: Simon Petrus, Thomas, die Zebedäussöhne, der Jünger, den Jesus lieb hatte - im Ganzen sind es sieben, eine symbolträchtige Zahl, die gewiss ausdrücken soll, dass wir hier so etwas wie ein exemplarisches Stück Kirche vor Augen geführt bekommen.

Da stehen sie beieinander, haben gerade die österlichen Erscheinungen, die Geistbegabung, die Aussendung, die Verleihung der Schlüsselgewalt erlebt. Und was jetzt?

Was für eine Tristesse liegt über der ganzen Szene. Irgendwie wie bei den vier Geiern aus Walt Disneys Dschungelbuch. Die hocken da ’rum, grau und mit hängenden Schultern, und irgendwann fragt einer: „Was fangen wir denn jetzt an?“ Und ein anderer antwortet: „Schlag Du was vor.“

Petrus: „Ich will fischen gehen.“ Die anderen: „Na, kommen wir halt mit.“ Schlimmer geht es kaum. Kein Wunder: In dieser Nacht fingen sie nichts (Joh. 21, 3).

In dieser Nacht - da klingt schon an, dass sie´s morgen wieder versuchen werden und immer und immer wieder: routinierter Trott, der einfach weitermacht.

Irgendwie komme ich mir gerade genauso vor, mitten in der Pandemie, in unserer Kirche. Da ist unheimlich viel Energie, da sind Ideen, Vorschläge, Phantasie, Glaube. Und dann der nächste Lockdown. War Weihnachten schon schwierig – Ostern wurde schwieriger. Und bald die Konfirmation?

Der erste Sonntag nach Ostern, Quasimodogeniti - wie die „Neugeborenen“ - hatte eine feste Bedeutung. Weißer Sonntag wird er auch genannt. An diesem Sonntag legten die an Ostern getauften die weißen Kleider wieder ab. Nachstrahlen soll dieser Sonntag in das Leben und den Glauben der Einzelnen, aber auch in unsere Kirche.

Ich gebe zu, ich bin ein wenig frustriert. Ich merke gerade wenig von dem, was da tragen und aufleuchten und ausstrahlen müsste. Zumindest bei mir. Irgendwie muss doch alles mal wieder normal werden.

Und auch, wenn es geradezu zynisch erscheint, über ein Ende der Corona-Pandemie zu spekulieren, während sich die Intensivstationen in Deutschland wieder füllen und ein härterer Lockdown bevorstehen könnte. Trotzdem ist die Vorstellung einer „Prä-Corona-Normalität“ verlockend. Was würde ich als Erstes machen, wenn die Pandemie vorbei wäre?

Und da trifft mich die Frage Jeus: „Kinder, habt ihr nichts zu essen?“ (Joh. 21, 5). Und die Jünger müssen antworten: „Nein“. Und ich antworte ebenfalls mit „Nein.“

Das ist es, was mir gerade am meisten fehlt: Brot für die Hungernden, Trost für die Traurigen, Wärme für die erstarrten Seelen, Brot und Nahrung für meinen Glauben. Muss ich mir ernsthaft Sorgen machen? Um das, was mich gerade nährt?

„Was machen wir denn jetzt? Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden... (Joh. 21, 6)

Wirf die Netzt aus. Vielleicht ist es verrückt, dass da einer den Fischern die Arbeitsabläufe erklärt. Ausgerechnet einer, der es gerade nicht gelernt hat! Nicht groß denken, vor allem nicht daran, was alles nicht geht, sondern einfach tun.

Lass die Regeln der Pragmatik. Wirf einfach die Netze aus – zur rechten – meinetwegen! Auch wenn es verrückt klingt. So verrückt wie Jesu Hochzeit in Kanaa, so verrückt wie fünf Brote und zwei Fische und zu 5.000 Menschen zu sagen: Setzt euch, es gibt etwas zu essen!

So verrückt, wie ich mich fragen lassen muss, warum ich in die Kirche gehe? Warum ich bete? Warum ich überhaupt Glaube? So verrückt wie meine Antwort: Weil man hier 153 Fische fängt. Einhundertdreiundfünfzig! Eine Wahnsinnszahl, die exakt die Zahl der Fischsorten nennt, die die antike Zoologie kannte. Weil es Fisch und Brot für alle gibt. Weil es einfach verrückt und wunderbar ist. Auch wenn mir gerade so viel davon fehlt. Oder vielleicht gerade darum.

Werfen wir unsere Netze aus. Sehen wir doch auch einmal, was richtig toll läuft. Seien wir –entgegen protestantischer Bescheidenheit – einfach auch mal stolz. Stolz, was dennoch gut läuft in diesen schweren Zeiten. Und wenn wir gefragt werden: „Was machen wir denn jetzt?

Vielleicht machen wir es einfach wie Simon Petrus: Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr war, gürtete er sich das Obergewand um, denn er war nackt, und warf sich ins Wasser. Die andern Jünger aber kamen mit dem Boot... (Joh. 21, 7ff)

Vielleicht muss man, um zu glauben, ein wenig verrückt sein. Fische fangen, Brot brechen, manchmal springen oder einfach mit dem Boot kommen. Alles ist möglich und alles ist nötig um Kirche weiterzubringen. Weil Jesus spricht: Kommt und haltet das Mahl! Und ER kommt und das Brot nimmt uns es gibt. (Joh. 21, 12-13)

Inspiriert von einer Predigt über Johannes 21,1-12 von Peter Bukowski, Vorgetragen beim "Wissenschaftlichen Symposion der EKD zum Reformprozess"

Der Predigttext in der Bibel bei der deutschen Bibelgesellschaft: Johannes 21,1-12

Beitrag von Birgit Eilts