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13.02.2021 Kategorie: Corona, Gemeindeleben, Glaube im Alltag

Sonntagswort zum 14. Februar

von Olaf Engelbrecht / Pfarrer in Feuerwehr und Rettungsdienst

Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus!

Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut!

Jesaja 58,7

Mitte der kommenden Woche ist Aschermittwoch. Am Mittwoch beginnt die Fastenzeit, traditionell die Zeit des Verzichts. Manche von uns nehmen sich vor, sieben Wochen auf Dinge, die ihnen lieb sind, zu verzichten. Das kann Alkohol, das können Süßigkeiten oder auch Fleisch sein. Durch den Verzicht, wollen einige ihren Willen stärken und gesünder oder erst einmal bewusster leben.

Die evangelische Kirche lädt jedes Jahr in der Passionszeit dazu ein, einen Aspekt der Lebens und persönlicher Entscheidungen näher zu betrachten. Dieses Jahr geht es um das Thema „Mal ehrlich! Sieben Wochen ohne Lügen!“ Das klingt erstmal ganz einfach, aber wie wir aus empirischen Untersuchungen wissen, ist das Lügen, gerade wenn Menschen einen guten Eindruck erwecken wollen, eher normal. Robert Feldman von der Universität von Massachusetts stellte in einer Untersuchung beispielsweise fest, dass Männer und Frauen in einem Zeitraum von 10 Minuten im Schnitt 2,9mal logen. Die Fastenaktion „Mal ehrlich“ will deutlich machen, wie und warum wir lügen. Von der Gefälligkeitslüge „Das ist aber ein schönes Kleid!“, über die schon fast nicht mehr wahrgenommene Routinelüge „Danke, mir geht es gut.“ und das sich selbst belügen „Heute trinke ich noch, esse ich noch etwas Süßes, aber ab morgen höre ich damit auf jeden Fall auf.“ bis hin zur ausgewachsenen Lüge „Nein, ich bin nicht fremdgegangen! Was unterstellst Du mir da..?“ Ehrlich zu sein, nicht zu lügen, heißt aber nicht, dass man alles sagen muss, was einem durch den Kopf geht, denn das kann sehr verletzend sein. Ziel der Fastenaktion, so wie ich sie verstehe, ist es, vor allem mit sich selbst und dann auch anderen ehrlicher umzugehen.

Seid vor Gott ehrlich mit Euch selbst! Das ist es auch, was der Prophet Jesaja in dem Predigttext für den heutigen Sonntag dem Volk in Jerusalem verkündet. Damals macht man sich in der Fastenzeit besondere Mühe, religiöse Regeln einzuhalten. Gottesdienste werden besucht, Speisevorschriften besonders streng beachtet und sogar besondere Kleidung angelegt. Damit will man Gott zeigen, ja beweisen, dass man seinen Willen ganz genau nimmt. Um man bekennt vielleicht auch den einen oder andern Fehler. So will man sich der Nähe, aber vor allem der Hilfe Gottes versichern.

Jesaja stößt aber auch auf, dass sich bei all den religiösen Leistungen die Einstellung der Fastenden nicht ändert. Die gleichen Menschen, die fasten und Gottesdienste besuchen, weil sie Gottes Gunst gewinnen wollen, ändern an ihrem alltäglichen Verhalten nichts. Sie kümmern sich weder um die Kranken, die Hungernden, die Einsamen, noch die Verzweifelten. Sie ignorieren das Leid und die Ungerechtigkeit in der Gesellschaft und sogar in ihren Familien. Und sie zeigen damit, dass sie mit ihrem Fasten ein Geschäft mit Gott machen wollen und nicht aus Glauben und Dankbarkeit handeln. Aber genau das ist, was Gott möchte. Im Fasten – im Verzicht und im Nachdenken über das eigene Leben - eröffnet Gott den Menschen die Möglichkeit, wieder zu ihm zurückzufinden.

Den Körper und den Geist in der Passionszeit durch Verzicht zu stärken, ist sicher gut und nützlich. Jesaja erinnert uns aber, dass es das eigentliche Ziel der Fastenzeit ist, seinen Glauben und das daraus resultierende Verhalten zu überdenken. Ich finde es klasse, dass Aktionen wie „Mal ehrlich! Sieben Wochen ohne Lüge“ uns dabei mit vielen Anregungen unterstützen wollen. Aber vielleicht gibt es in Ihrem und meinem Leben auch etwas ganz anderes, was ab Aschermittwoch bedacht und veränderten werden will. Ich wünsche uns dazu die Kraft und Weisheit Gottes dazu und vielleicht auch den Mut, andere dabei um Hilfe zu bitten.

Lesung am Sonntag vor der Passionszeit (Estomihi) Jesaja 58,1-9a

Gottes Liebe kennt keine Grenze. Sie gilt allen Menschen. Jesus heilt Heiden, Fremde und Nachbarn des Volkes Israel. Jesu Ahnen sind international, so wie die Moabiterin Rut, die mit ihrer Schwiegermutter in fremdes Land zog und ihre Religion annahm.

Rufe laut, halte nicht an dich! Erhebe deine Stimme wie eine Posaune und verkündige meinem Volk seine Abtrünnigkeit und dem Hause Jakob seine Sünden!

Sie suchen mich täglich und wollen gerne meine Wege wissen, als wären sie ein Volk, das die Gerechtigkeit schon getan und das Recht seines Gottes nicht verlassen hätte. Sie fordern von mir Recht, sie wollen, dass Gott ihnen nahe sei.

»Warum fasten wir und du siehst es nicht an? Warum kasteien wir unseren Leib und du willst's nicht wissen?« Siehe, an dem Tag, da ihr fastet, geht ihr doch euren Geschäften nach und bedrückt alle eure Arbeiter.

Siehe, wenn ihr fastet, hadert und zankt ihr und schlagt mit gottloser Faust drein. Ihr sollt nicht so fasten, wie ihr jetzt tut, wenn eure Stimme in der Höhe gehört werden soll.

Soll das ein Fasten sein, an dem ich Gefallen habe, ein Tag, an dem man sich kasteit oder seinen Kopf hängen lässt wie Schilf und in Sack und Asche sich bettet? Wollt ihr das ein Fasten nennen und einen Tag, an dem der HERR Wohlgefallen hat?

Ist nicht das ein Fasten, an dem ich Gefallen habe: Lass los, die du mit Unrecht gebunden hast, lass ledig, auf die du das Joch gelegt hast! Gib frei, die du bedrückst, reiß jedes Joch weg!

Heißt das nicht: Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut!

Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des HERRN wird deinen Zug beschließen.

Dann wirst du rufen und der HERR wird dir antworten. Wenn du schreist, wird er sagen: Siehe, hier bin ich.

Beitrag von Pfarrer Olaf Engelbrecht